© Ljupco Smokovski - Fotolia.com

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Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung lehnt eine vegane Ernährung für Kinder ab – mit schwierigen Folgen, nicht nur für ihre Glaubwürdigkeit. Wir sagen: Es ist längst überfällig, dass die DGE ihre überholte Position dem aktuellen Stand der Wissenschaft anpasst – unterzeichne die große DGE-Petition!

Hier geht es direkt zur Petition: Link!

  • Wie ist es zu erklären, dass die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) in dem zuletzt 2011 aktualisierten Positionspapier “Vegane Ernährung: Nährstoffversorgung und Gesundheitsrisiken im Säuglings- und Kindesalter” die vegane Ernährung mit Makrobiotik in einen Topf wirft? Die makrobiotische Ernährung orientiert sich am philosophisch-spirituellen Yin- und Yang-Prinzip und basiert zu weiten Teilen auf Vollkorngetreide und gekochtem Gemüse. Je nach Strömung der makrobiotischen Ernährungslehre wird der Konsum von Fisch und Eiern nicht notwendigerweise abgelehnt, diverse Gemüse- und Obstsorten jedoch als nicht empfehlenswert eingestuft. Mit Veganismus hat die makrobiotische Ernährung also nicht viel zu tun. Dennoch nimmt die DGE keine Abgrenzung zwischen Makrobiotik und Veganismus vor: Das Heranziehen von Studien, die sich mit makrobiotisch statt mit vegan ernährten ernährten Kindern beschäftigen (insgesamt acht an der Zahl!1), zieht sich als Beleg dafür, dass die vegane Ernährung für Kinder ungeeignet sein soll, durch das ganze DGE-Papier.
  • In ihrer ablehnenden Haltung der veganen Kinderernährung beruft sich die DGE auf ein Papier der European Society of Paediatric Gastroenterology, Heptalogy and Nutrition (ESPGHAN). In diesem Papier2, das sich nur wenige Sätze lang mit veganer Kinderernährung befasst, positioniert sich die ESPGHAN dagegen und stützt sich dabei alleinig auf eine (!) niederländische Studie von 19943. Diese über 20 Jahre alte Studie untersucht jedoch gar nicht vegane Kinder, sondern makrobiotisch ernährte Kinder. Wieso da keine Differenzierung stattfindet, ist rational nicht erklärbar – ob die ESPGHAN aus Nachlässigkeit oder Unwissenheit keinen Unterschied zwischen Makrobiotik und Veganismus macht, ist nicht nachzuvollziehen. Wie es scheint, hat sich die DGE in Sachen Inhalt, Formulierung (in übersetzter Form) und Haltung sehr, sehr nahe am Papier der ESPGHAN orientiert, – eine weitergehende intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema vegane Kinderernährung scheint von der ESPGHAN nicht vorgenommen worden zu sein.
  • Die DGE hat sich da durchaus mehr Mühe gemacht: Insgesamt 54 Studien und Artikel zieren die Literaturliste ihres Papiers – 30 davon stammen aus den 70ern, 80ern und 90ern. Wenn die DGE etwa eine Studie von 1982 zitiert, um den “Nutritional status of vegetarian children”4 zu beschreiben, wie hoch ist dieser Aussagewert über den Ernährungszustand von vegetarischen Kindern im Jahr 2015 nach Christus?
  • Zwei der Studien welche die DGE in ihrem Papier verwendet5, wurden von Professor Thomas Sanders durchgeführt; in der einen geht es um die Auswirkungen einer vegetarischen Ernährung auf die Fettsäurenzusammensetzung von Muttermilch und den Fettsäurenhaushalt von Säuglingen (1992)6. Die zweite Studie trägt den Titel Vegetarian diets and children (1994)7. Zwei andere Studien von Sanders, nämlich Growth and development of British vegan children (1988)8  und The growth and development of vegan children (1992)9 sucht man in der Literaturliste der DGE vergeblich – und das, obwohl sie zu den wenigen Studien gehören, die sich tatsächlich mit vegan ernährten Kindern beschäftigen. Das Fazit dieser beiden Studien: “Es wird geschlussfolgert, dass eine vegane Ernährung unter Voraussetzung ausreichender Sorgfalt normalen Wachstum und normale Entwicklung unterstützen kann.10 (Sanders 1988) und “Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass Kinder erfolgreich mit einer veganen Ernährung großgezogen werden können, vorausgesetzt dass die bekannten Fallgruben einer massigen Ernährung und Vitamin-B12-Unterversorgung sorgfältig vermieden werden11 (Sanders 1992). Warum bezieht sich die DGE wiederholt auf Studien mit mangelernährten makrobiotischen Kinder, statt auf die existierenden Studien mit veganen Kindern? Und warum unterlässt es die DGE zu erwähnen, dass die verwendete Sanders-Studie Vegetarian diets and children ebenfalls zu einem positiven Fazit kommt (“Wenn bekannte Fallgruben vermieden werden, erscheinen Wachstum und Entwicklung vegan und vegetarisch aufgezogener Kinder normal.12)
  • Ein Fallbericht aus dem Jahr 1992 über eine vegane Mutter, die nach zweieinhalbmonatiger Stillzeit ihr Baby mit selbstgemachter Mandelmilch ernährte und das Kind darauf natürlich mit drastischen Entwicklungsverzögerungen reagierte, muss im DGE-Papier als Beleg dafür herhalten, dass vollgestillte (!) Babys veganer Mütter dem Risiko eines Jodmangels ausgeliefert sind.13
  • Zwei Studien beziehen sich auf Menschen, die religiöse Gründe für eine alternative Ernährung haben:
    • Eine davon untersuchte 1982 Black Hebrews, eine religiöse Gemeinschaft, in der Babys ab drei Monaten hauptsächlich mit einer selbstgemachten Sojamilch ernährt wurden. Auch nach den entsprechend auftretenden gesundheitlichen Probleme der Säuglinge waren die Eltern nicht zu einem Umdenken bereit14 – wo die Relevanz dieses Falls für ethisch motivierte, gesundheitsbewusste vegane Eltern sein soll, bleibt rätselhaft. Trotzdem führt die DGE ihn als Beispiel für mangelernährte vollgestillte (!) Babys von veganen Mütter auf.
    • Eine weitere Studie hat Rastafaris zum Gegenstand.15 Ital heißt deren Ernährungsform und hat verschiedene Strömungen, die nur zum Teil vegan sind; einige erlauben den Konsum von Fisch, andere nicht einmal Salz. Auch hier ist die Bedeutung der Ergebnisse für die moderne vegane Ernährung im besten Fall fragwürdig.
  • Auf Grundlage einer Studie aus dem Jahr 1994 (Young, Pellet)16 beschreibt die DGE die Kombination von pflanzlichen Proteinquellen mit Getreide als notwendig, um eine adäquate Versorgung mit Eiweiß zu gewährleisten. Dass diese Information bereits 1994 als veraltet galt, müsste der DGE bekannt sein – schließlich kommen zwei andere Texte, welche die DGE laut Literaturverzeichnis verwendet, zu einem anderen Schluss: Sanders schreibt 1994 in seiner bereits erwähnten Studie Vegetarian diets and children: “Der Eiweißbedarf kann innerhalb von vegetarischen Ernährungsformen [inklusive der veganen] leicht gedeckt werden, vor allem, wenn das Eiweiß aus einer großen Auswahl verschiedener Ernährungsquellen bezogen wird.17 und die American Dietetic Association (ADA) schreibt 2009: “Vegane Kinder können aufgrund der unterschiedlichen Eiweißverdaulichkeit und Aminosäurenzusammensetzung einen geringfügig höheren Bedarf an Eiweiß haben, aber dieser Bedarf wird normalerweise gedeckt wenn die Ernährung adäquat mit Energie und einer große Auswahl an pflanzlichen Lebensmitteln versorgt.18
  • Gleich mehrfach beruft sich die DGE in ihrem Papier auf Informationen aus der gerade erwähnten Stellungnahme der ADA – es handelt sich dabei um das Positionspapier Vegetarian diets. Die DGE verzichtet dabei jedoch darauf, zu erwähnen, dass die ADA – die weltweit größte Vereinigung von ErnährungswissenschaftlerInnen (mittlerweile umbenannt in Academy of Nutrition and Dietetics (AND)) – darin folgendes feststellt: “Gut geplante vegane und andere Formen der vegetarischen Ernährung sind für alle Phasen des Lebenszyklus geeignet, einschließlich Schwangerschaft, Stillzeit, frühe und spätere Kindheit und Adoleszenz.19
  • Der DGE (und der ESPGHAN) steht nicht nur die ADA/AND gegenüber, sondern auch das National Health and Medical Research Council der australischen Regierung (“Angemessen geplante vegetarische Ernährungsformen [vegane Ernährung eingeschlossen] sind für Individuen in allen Lebenszyklen geeignet20), die Canadian Paediatric Society (“Gut geplante vegetarische und vegane Ernährung, in der ein Augenmerk auf spezielle Nährstoffe gerichtet wird, kann einen gesunden, alternativen Lebensstil in in jeder Phase der Entwicklung von Föten, Säuglingen, Kindern und Jugendlichen darstellen.21), die British Dietetic Association (“Gut geplante vegetarische Ernährungsformen [die vegane Ernährung eingeschlossen] sind für alle Lebensphasen geeignt und haben viele Vorteile.”22) und die American Paediatric Association. Was diese Papiere gemeinsam haben und sie von denen der ESPGHAN und der DGE unterscheidet, ist, dass sie sich ausführlich und differenziert mit der veganen Ernährung beschäftigen. Dabei setzen sie sich kritisch mit den potentiell schwierigen Nährstoffen innerhalb einer veganen (Kinder-)Ernährung auseinander, geben konkrete Ernährungsempfehlungen ab, so dass Mangelversorgungen vermieden werden können und lassen auch die gesundheitlichen Vorteile, die eine vegetarische oder vegane Ernährungsform mit sich bringen, nicht außer Acht.
  • Das Kapitel zu Vitamin B12 des DGE-Papiers hätte hilfreich sein können, wenn es nicht mit der eklatanten Falschinformation eingeleitet würde, erwachsene VeganerInnen bekämen frühestens nach fünf bis zehn Jahren einen B12-Mangel. Zwar ist es richtig, dass Vitamin B12 einige Jahre in der Leber gespeichert wird, jedoch können bei unzureichend gefüllten Speichern (abhängig von der vorherigen Ernährungsweise) auch bei Erwachsenen bereits nach wenigen Monaten veganer Ernährung ohne B12-Supplementierung Mangelerscheinungen auftreten.
  • In ihrem Positionspapier spricht sich die DGE gegen die Fütterung nicht-gestillter Babys mit Säuglingsnahrung auf Sojabasis aus. Dabei beruft sie sich auf die Stellungnahme des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) aus dem Jahr 2007, das sich aus “Vorsorgegründen” gegen die Verwendung von sojabasierter Säuglingsnahrung ausspricht – und das obwohl das BfR im gleichen Papier wiederholt feststellt, dass negative Auswirkungen von sojabasierter Säuglingsnahrung auch auf lange Sicht nicht festgestellt werden konnten.23 Wünschenswert wäre es, wenn sich die DGE stattdessen auf aktuelle Untersuchungen berufen würde, etwa die Meta-Analyse Safety of soya-based infant formulas in children, welche die Ergebnisse von Studien von 1909 bis 2013 untersucht, kürzlich im British Journal of Nutrition erschien und das zu folgendem Ergebnis kommt: “Diese umfassende Analyse zeigt objektiv, dass die Einnahme sojabasierter Säuglingsnahrung bei normalen reif-geborenen Säuglingen – selbst während der schnellsten Wachstumsphasen – mit normalem anthropometrischem Wachstum, adäquatem Proteinstatus, Knochenmineralisierung und normaler Immunentwicklung assoziiert wird.24
  • Auf Angaben aus den Jahren 2001 (!) und 2008 beruft sich die DGE, um den vegetarischen bzw. veganen Bevölkerungsanteil in Deutschland zu beziffern. Der rasante Trend der letzten Jahre hin zum Veganismus und dem damit zusammenhängend entstehenden, aktuellen Informationsbedarf scheint an der DGE gänzlich vorbei gegangen zu sein. Eine aktuelle Erhebung (September 2014) von YouGov25 hat ergeben, dass sich nur 88% der Befragten als reguläre FleischesserInnen bezeichnen. 1,1% ernähren sich vegan oder flexi-vegan, der Rest vegetarisch bzw. flexi-vegetarisch – man muss davon ausgehen, dass die Zahlen in den nächsten Jahren weiter ansteigen. Die DGE geht jedoch weiterhin von veralteten Zahlen (0,3 bzw. 0,1% VeganerInnen in Deutschland) aus.
  • In ihrer Presseinformation “Kinder vegetarisch ernähren – ja oder nein?” (auch zuletzt Anfang 2011 aktualisiert) bezieht sich die DGE auf eine Studie von 2001, um die Gefahr eines Eisenmangels bei Kindern zu belegen.26 Dabei verzichtet sie jedoch nicht nur darauf, zu erwähnen, dass die in der Studie untersuchten Säuglinge und Kleinkinder nicht vegetarisch oder vegan ernährt wurden, sondern auch, dass die Studie zu dem Ergebnis kommt, dass der Konsum von Kuhmilch im ersten Lebensjahr einen signifikanten Risikofaktor für die Versorgung mit Eisen darstellt. Dennoch betont die DGE auch in diesem Text ihre Ablehnung einer veganen Kinderernährung, empfiehlt jedoch eine lacto-vegetarische oder ovo-lacto-vegetarische Ernährung für Kinder als Dauerkost, ohne auf dieses Risiko hinzuweisen.
  • In dem Artikel “Vegane Kinderernährung. Groß werden ohne Fleisch“, der im Oktober 2013 in der Wochenzeitung Die Zeit erschien, räumt DGE-Sprecherin Antje Gahl ein, dass es möglich sei, Kinder gesund vegan zu ernähren. Öffentlich besteht die DGE jedoch darauf, die vegane Kinderernährung abzulehnen mit der Begründung, dass es die Aufgabe der DGE sei “allgemeine Empfehlungen für die breite Masse zu formulieren” und eine individuelle Empfehlung nicht leisten könne. Da drängen sich Fragen auf: Was sagt es über die DGE aus, wenn sie selbst ihre eigene Fachkompetenz auf einen Gemeinplatz reduziert? Wer kann, bei einem derart komplexen Thema wie Ernährung (das in der Natur der Sache von individuellen Faktoren abhängt!) überhaupt von Beratungen eines Vereins profitieren, der sich selbst nicht in der Lage sieht, differenzierte Empfehlungen für verschiedene Ernährungsformen abzugeben?

Man kann es nicht anders sagen: Das DGE-Positionspapier zur veganen Kinderernährung – das erstaunlicherweise in der Kategorie “Fachinformation” geführt wird – ist für niemanden eine Hilfe – weder für vegane und vegetarische Eltern, die fachliche Information für die Ernährung ihrer Kinder suchen, noch für Fachleute, deren Aufgabe es wäre, vegane Eltern zu beraten.

Die Sache mit der Glaubwürdigkeit

Wenn die DGE behauptet, dass eine vegane Kinderernährung nicht geeignet ist, um Kinder gesund zu ernähren, wir das aber besser wissen, weil wir dem Gegenbeweis jeden Abend Gute-Nacht-Geschichten vorlesen, kann die DGE für uns VeganerInnen nicht glaubwürdig sein. Und das bezieht sich letztlich nicht mehr nur auf ihre Empfehlung bezüglich der veganen Ernährung. Wenn die DGE in Sachen Veganismus derart oberflächlich und einseitig recherchiert und argumentiert – wie zuverlässig können die anderen Informationen und Empfehlungen sein, die sie liefert?

Die Sache mit der Informationslücke

Wenn die Deutsche Gesellschaft für Ernährung oder eine staatliche Institution keine objektiven und wissenschaftlichen Informationen und Empfehlungen für die vegane Ernährung offiziell verfügbar macht, lässt das jede Menge Freiraum für krude oder schlicht falsche Auskünfte im World Wide Web. Vegane Eltern wissen, dass es möglich ist, ihre Kinder vegan zu ernähren. Wenn ihnen von schlecht informierten ÄrztInnen, Hebammen oder PädagogInnen unter Berufung auf die DGE davon abgeraten wird, ihre Kinder vegan zu ernähren, suchen sie sich im besten Fall kompetente AnsprechpartnerInnen, die besser informiert sind oder lesen Fachbücher zu dem Thema. Im schlechteren Fall suchen sie Antworten in Internet-Foren oder Blogs (zig solcher Seiten behaupten etwa, die B12-Supplementierung für VeganerInnen sei nicht notwendig). Die Zuverlässigkeit und Sicherheit solcher Informationsbeschaffung ist oft höchst fragwürdig. Die einseitige Ablehnung und der Verzicht auf konkrete Ernährungsempfehlungen und Informationen halten vegane Eltern nicht davon ab, ihre Kinder vegan zu ernähren – allerdings führt beides dazu, dass veganen Eltern der Zugang zu seriösen Informationen erschwert wird, was durchaus ein Gesundheitsrisiko für vegane Kinder darstellen kann.

Die Sache mit dem Leben-schwer-machen

Auch wenn die DGE kein Institut, keine Behörde, kein berufenes Gremium sondern nur ein eingetragener Verein ist, hat ihr Wort durchaus die Macht, VeganerInnen das Leben schwer zu machen – und das auf einer Grundlage, die wissenschaftlich nicht haltbar ist. Das fängt bei überbesorgten Verwandten, ÄrztInnen und PädagogInnen an, die vegane Eltern mit Berufung auf die DGE-Position verunsichern, ihnen reinreden oder ihre Unterstützung versagen. Und das hört längst nicht dort auf, wenn etwa der Berliner Senat veganes Essen an Schulen ablehnt; so erklärt etwa Dirk Medrow, Koordinator vom “Landesprogramm für die gute gesunde Schule”: “Die Vorgaben für das Schulessen richten sich nach den Einschätzungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), und die lehnt eine vegane Ernährung von Kindern ab”27.

Info

Die Zeit des Wachstums und der Entwicklung in den ersten Lebensjahren stellt besondere Anforderungen an die Energie- und Nährstoffversorgung. Aufgrund der in diesem Beitrag geschilderten Ergebnisse stuft TofuFamily.de die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. als ungeeignet ein, das geeignet-Sein einer Ernährung auf rein pflanzlicher Lebensmittelbasis zu beurteilen, interessierte Eltern und Fachleute adäquat mit Informationen zu versorgen und Gesundheitsrisiken aufgrund von falschen, veralteten oder einseitigen Auskünften zu vermeiden.

Was wir von der DGE fordern:

  • eine differenzierte, wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der veganen Kinderernährung
  • die sachgemäßge Berücksichtigung aktueller Studien und den Verzicht auf die einseitige, selektive Wahl und Auswertung veralteter Studien und Untersuchungen
  • alternativenorientierte, konkrete Ernährungsempfehlungen für vegane oder veganinteressierte Eltern, statt pauschal ablehnender Defizitorientierung.
  • die Orientierung am Beispiel vergleichbarer amerikanischer, britischer, kanadischer und australischer Ernährungs- und Kindergesundheitsverbände, die sich einer veganen Kinderernährung gegenüber längst neutral-wohlwollend positionieren, ihre gesundheitlichen Vorteile betonen und sie mit Ernährungsempfehlungen konstruktiv unterstützen
  • die Akzeptanz veganer Ernährung als eine Ausprägung von Vielfalt in der Gesellschaft und die Abkehr von Stigmatisierung veganer Familien

Wir wollen Veränderung – unterschreibe jetzt die große DGE-Petition

Quellenverzeichnis:

1 Im DGE-Positionspapier Fußnote Nr. 10, 11, 12, 13, 14, 18, 41, 51
2  Positionspapier: Complementary Feeding: A Commentary by the ESPGHAN Committee on Nutrition, 2008. | Link
3  Studie: Macrobiotical nutrition and child health: ressults of a population-based, mixed-longitudinal cohort study in The Netherlands, 1994. | Link
4  Studie: Nutritional status of vegetarian children, 1982. Fußnote Nr. 19 im DGE-Papier. | Link
5  Im DGE-Positionspapier Fußnote Nr. 42 und 43
6  Studie: The influence of a vegetarian diet on the fatty acid composition of human milk and the essential fatty acid status of the infant. 1992. | Link
7 Studie: Vegetarian diets and children. 1994. | Link
8  Studie: Growth and development of British vegan children, 1988. | Link
9  Studie: The growth and development of vegan children, 1992. | Link
10  Originalsatz: “It is concluded that provided sufficient care is taken, a vegan diet can support normal growth and development“
11 Originalsatz: “The results of this study show that children can be successfully reared on a vegan diet providing sufficient care is taken to avoid the known pitfalls of a bulky diet and vitamin B12 deficiency“
12 Originalsatz: “If known pitfalls are avoided, the growth and development of children reared on both vegan and vegetarian diets appears normal.”
13 Fallbericht: Risk of alternative nutrition in infancy: a case report of severe iodine and carnitine deficiency, 1992. Im DGE-Papier Fußnote Nr. 27. | Link
14 Studie: Totally vegetarian diets and infant nutrition“, 1982. Im DGE-Papier Fußnote Nr. 47. | Link
15 Studie: Screening Rastafarian children for nutritional rickets, 1985. Im DGE-Papier Fußnote Nr. 26 | Link
16 Im DGE-Papier Fußnote Nr. 53
17 Studie: „Vegetarian diets and children“, 1994. Im DGE-Papier Fußnote Nr. 43. Originalsatz: “Protein requirements are easily met by vegetarian diets especially if they are derived from a variety of dietary sources.“ | Link
18 Positionspapier ADA: Originalsatz: “Vegan children may have slightly higher protein needs because of differences in protein digestibility and amino acid composition, but these protein needs are generally met when diets contain adequate energy and a variety of plant foods“.
19 Positionspapier: Position of the American Dietetic Association: vegetarian diets. 2009. Originalsatz: “Well-planned vegetarian diets are appropriate for individuals during all stages of life cycle, including pregnancy, lactation, infancy, childhood, and adolescence“. | Link
20 Australian Dietary Guidelines, 2013. Originalsatz: “Appropriately planned vegetarian diets are appropriate for individuals during all stages of lifecycle“. | Link
21 Positionspapier Canadian Pediatric Society: “Vegetarian diets in children and adolescents” Originalsatz: “Well-planned vegetarian and vegan diets with appropriate attention to specific nutrient components can provide a healthy alternative lifestyle at all stages of fetal, infant, child and adolescent growth“. | Link
22 British Dietetic Association: Food Fact Sheet. Vegetarian diets.  Originalsatz: “Well-planned vegetarian diets [including vegan diet] are appropriate for all stages of life and have many benefits.“ | Link
23 Stellungnahme Bundesamt für Risikobewertung: Säuglingsnahrung aus Sojaeiweiß ist kein Ersatz für Kuhmilchprodukte, 2007. | Link
24 Studie: Safety of soya-based infant formulas in children, 2014. Originalsatz: “This extensive analysis objectively showed that SIF intake in normal full-term infants – even during the most rapid phase of growth – is associated with normal anthropometric growth, adequate protein status, bone mineralisation and normal immune developement.” | Link
25 YouGov: Umfrage zur Ernährungsweise in Deutschland. | Link
26 Studie: Prevalence of iron deficiency in 12-mo-old infants from 11 European areas and influence of dietary factors on iron status, 2001. | Link
27 Neues Deutschland: Kaltes Essen aus der Brotbüchse. | Link

5 Kommentare
  1. Wie ging die Geschichte denn weiter? Wie reagierte die DGE auf die Petition?

    • Die DGE reagierte nicht direkt auf die Petition – allerdings gibt es Gerüchte, dass die DGE ihr Position zu veganer Kinderernährung überarbeiten will! Man darf gespannt sein. Da die DGE aber ein Schnarchverein ist und wahrscheinlich bleiben wird, darf man sich wohl nicht allzuviel erwarten…

  2. Danke, für das Zusammentragen von den umfangreichen Informationen. 🙂

    Was mir hier etwas fehlt, ist der Umstand, dass Menschen von Geburt an mehrere genetische Defekte haben können, teils vererbt, teils erworben. Das kann zum Beispiel die Verarbeitung der Nährstoffe im Körper betreffen. Die Zahl der Defekte wird überraschen. Es sind um die 2000.

    https://www.progenom.com/wie-gene-unsere-gesundheit-beeinflussen/

    Es gibt Nährstoffe, die müssen im Körper erst hergestellt werden, um den Organismus optimal versorgen zu können. Hier kann es aber sein, dass das nicht bei jedem gleich gut funktioniert, was verschiedene Ursachen haben kann. Bei Niko Rittenaus Freundin ist das leider der Fall gewesen.
    Diese genetischen Defizite können bei 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung ebenfalls möglich sein, vielleicht sind es auch mehr.

    Was macht man in einem solchen Falle, wenn man ein Kind im guten Glauben vegan ernähren will und es kann die benötigten Nährstoffe nicht ausreichend herstellen? Dann kommt es zu schleichenden Befindlichkeitsstörungen bis hin zu Entwicklungsstörungen. Bei Vitamin A kann das zum Beispiel möglich sein.

    Meine Freundin hat sich nicht getraut, in der Schwangerschaft vegan zu leben und beim Kleinkind hat sie dies ebenfalls nicht gemacht. Sie ist aber Veganerin außerhalb von Schwangerschaft und Stillzeit.

    Veganismus sollte im besten Falle für alle Menschen irgendwann möglich sein. Es sollten aber auch die Schwachstellen gesehen werden, die Menschen haben können. Nicht jeder Veganer ist kerngesund. Es gibt noch andere gesundheitlich Besonderheiten. So habe ich von einigen Veganern gelesen, die Gicht bekommen haben, durch die vegane Ernährung. Das liegt natürlich nicht an der Ernährung selbst, sondern am eigenen Stoffwechsel. Die Krankheit ist einmal in der Schwangerschaft aufgetaucht und einmal bei einem Sportler, der sich im Grunde vorbildlich ernährt hat. Veganer haben oftmals einen höheren Harnsäurespiegel als Vegetarier. Fleischesser liegen meist noch höher. Leider habe ich jetzt nur noch diesen Link gefunden.

    https://vegan-forum.de/viewtopic.php?t=8554

    Leider werden solche Menschen auch von Veganern diskriminiert, wenn sie nicht in das Schema der eigenen Ernährungsform passen. Das ist bei Niko Rittenaus Freundin der Fall gewesen. Dabei wäre es doch möglich, entsprechende Nahrungsmittel herzustellen, die alle essentiellen und semiessentiellen Nährstoffe enthalten, wie sie zum Beispiel in Käse und Eiern vorkommen. Das würde meiner Meinung nach die vegane Bewegung weiter bringen und möglicherweise solchen Menschen helfen, die durch das normale Raster hindurchfallen. Es gibt stattdessen viel zu viele hochverarbeitete vegane Lebensmittel, bis auf wenige Ausnahmen. Die Nährstoffdichte ist dabei oftmals schlecht.

    Ohne Fleisch zu leben ist nicht schwer. Vegan zu leben kann für die meisten Menschen sicher gut funktionieren, aber nicht für alle, aus den genannten Gründen, selbst wenn sie das wollen.

    Ich schreibe das deshalb an dieser Stelle, weil ich Sie im Nachtcafé gesehen habe. Mir hat die Sendung in ihrer Ausgewogenheit gut gefallen.

    Danke, an dieser Stelle für die Büchertipps.

    • Hallo!
      Ja, ich stimme Dir zu, dass wir Veganismus inklusiver denken müssen – es ist nicht für alle Menschen in Industrieländern gleich leicht, vegan zu leben, und für einige Menschen nicht möglich. Menschen in anderen Ländern würde ich da erst mal komplett rausnehmen, da das schnell im rassistischen Moralismus endet (z.B. die Verurteilung von Teilen Chinas, wo Hundefleisch gegessen wird als “unzivilisiert” und “unethisch” zu verurteilen, weil Hunde in den meisten Industrieländern nicht als sogenannte Nutztiere, sondern als Haustiere kategorisiert werden. Oder das Nicht-Mitdenken von traditionell(er) lebenden Indigenen Volksgruppen, deren Mensch-Tier-Verhältnis nicht im Ansatz vergleichbar ist zu dem in industrialisierten Ländern). Gleichzeitig finde ich wichtig, dass diese Berücksichtigung ein NEBENEINANDER zu Speziesismuskritik bildet und nicht als Gegenargument missbraucht wird von Menschen, die privilegiert genug sind, um vegan zu leben, dies aber aus Bequemlichkeit oder anderen Gründen nicht tun, und Veganismus an sich ablehnen oder verurteilen, indem sie behaupten, das sei nur was für privilegierte Menschen.

      Übrigens macht das nicht nur Nikos Rittenaus Freundin, auch Niko Rittenau selbst wurde vor nicht allzulanger Zeit auf Instagram kritisiert für seine Plakat-Aktion “Wir alle sollten vegan leben”. Hat er aber nicht so richtig eingesehen.

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