Ihr Lieben, ich glaube, so schwer war mein Herz noch nie beim Verfassen eines Textes. Wobei ich ja nur teilweise Verfasserin bin – denn hier kommen so viele Menschen zu Wort, die endlich, endlich ENDLICH den Raum bekommen, gehört und gesehen zu werden: Menschen sprechen über ihre Rassismuserfahrungen. Während ich mich durch Twitter gekämpft habe, durch die vielen Kommentare, in denen Menschen unter dem Hashtag MeTwo herzzerreißende Erlebnisse schildern, die sie zum Teil seit ihrer Kindheit machen, die vielen Kommentare, die den Wahrheitsgehalt dieser Kommentare anzweifeln, sie abwerten, sie leugnen, die vielen Kommentare von RassistInnen (die natürlich keine sind, aber…) die den Hashtag missbrauchen… Kann man so einen Artikel schreiben und dabei nicht weinen? Also, ich nicht.
Übrigens habe ich meinen eigenen etwas eingestaubten Twitter-Account auch mal wieder als Tweeterin benutzt – einige meiner eigenen #metwo-Tweets habe ich auch hier eingefügt.
Shit people say & do
Lange Schlange an der Kasse. Ich sag zum älteren Mann hinter mir:”Sie können ruhig vor.” – “Nein danke, ich habe dich lieber im Blick.” #MeTwo
— Abdelkarim ? (@AbdelkarimsLP) 26. Juli 2018
Verkehrspolizist hält mich an. Nicht angeschnallt. Verlangt Papiere. Und dann der Satz: “Wir haben hier in Deutschland Gesetze..” #MeTwo
— Ali (@alicafer42) 28. Juli 2018
Ich sitze im Bus mit einem Klassenkollegen und wir reden über Deutschland. Vor uns sitzt eine ältere Dame.
Ich: “Es gibt ja soweit ich weiß 6 Mio Türken in Deutschland.”
Ältere Dame dreht sich um und sagt: “Es gab auch mal 6 Mio Juden in Deutschland.”#metwo— ilay (@ilay_the_kid) 28. Juli 2018
Übrigens hat die Dame sich mit diesem Satz nicht nur als Nazi geoutet, sondern auch eklatante Fehlinformationen offenbart. 6 Mio beziffert natürlich mitnichten die Zahl der Jüd*innen in Deutschland, ever, sondern die Zahl jüdischer Menschen, die während des Holocausts umgebracht wurden – das beinhaltet zu weiten Teilen jüdische Menschen aus anderen europäischen Ländern. In Deutschland lebten 1933 gerade mal etwas über 500.000 Jüd*Innen. Das ist deshalb wichtig, weil das eine Komponente von Rassismus ist: Die gefühlte Anzahl der als “Fremde” wahrgenommenen Menschen übersteigt die tatsächliche Anzahl bei weitem. Ich habe neulich auch einen Artikel gelesen, in dem die Zahl der Türk*innen in Deutschland regelmäßig höher angegeben wird als sie tatsächlich ist, kann ihn aber nicht finden. Kennt den jemand? Gerne in die Kommentare verlinken!
Nach dem ersten Besuch bei der Familie meiner damaligen Freundin: Ihre Mutter zu ihr: „Für einen Ausländer ist er ja unglaublich höflich.“ #MeTwo
— Duhi B (@duhibi) 25. Juli 2018
Mein erster Tag auf dem Gymnasium 2003. Erstes Mal Pausenhof. Ich hatte Dreadlocks.
Ältere Kinder: „Du Affe ?, das ist nicht sie Baumschule mit deinem Palmenkopf! Das ist das Gymnasium! Was hast du hier zu suchen?!?“
Ich: ? #MeTwo
— Malcolm Ohanwe (@MalcolmMusic) 26. Juli 2018
#MeTwo
Vor gut 3 Monaten an der Supermarktkasse. Dame hinter mir “Sie wissen das hier alles Videoüberwacht ist?” Ich “Wieso sagen Sie das jetzt?” Sie “Ja bei euch Kanacken weiß man ja nie”! In der Schlange hinter mir keine Reaktion, nur zustimmendes Nicken der Frau gegenüber. ?— Pottkind (@Ruhrpott778) 27. Juli 2018
Wenn du dich in einer vollen Straßenbahn befindest und nur neben dir Plätze frei sind, auf dem sich aber keiner setzen möchte, weil du nicht #deutsch genug bist. #MeTwo #LiebeStattHass
— Rashad Janjua (@rashad_janjua) 28. Juli 2018
2018 in Berlin. Ein großer, betrunkener Mann in der U-Bahn schreit „Hitler war ein Vorbild!“. Niemand sagt was. Ich habe Angst. #MeTwo
— Sibel Schick (@sibelschick) 27. Juli 2018
Ich 12 Jahre alt. Typ liest meinen Nachnamen. “Solche Leute wie dich hat mein Opa früher erschossen.” #metwo
— Tanja Sagt (@TanjaSagt) 26. Juli 2018
#metwo W: “Du kannst doch bestimmt toll singen.”
Ich:”Nein, kein Stück. Null musikalisches Talent. Nada”
W: “Ach, das glaube ich nicht. Du bist bestimmt richtig gut.
Ich:”Warum weil ich schwarz bin?”
W: “Ja”
Jedes verdammte Mal?— Jennifer Krueckeberg (@JKrueckeberg) 26. Juli 2018
Mein Vater arbeitete als Kapitän auf einem Frachtschiff. Gerichtsurteil in den Achtzigerjahren, uns aus Deutschland abzuschieben, mit der Urteilsbegründung: „Die Heimat eines Seemannes ist das Meer.“ (Kein Witz, ich hab das Urteil noch!) #MeTwo
— Hasnain Kazim (@HasnainKazim) 26. Juli 2018
“Naja, aber soo dunkel bist du jetzt ja nicht.”
Das deutsche Kompliment#MeTwo— Kein Knoppas fürs Prekariat™ (@Legga_Knoppas) 26. Juli 2018
#metwo
Ich sitze im Aufenthaltsraum. In der Bildzeitung wird über ertrunkene Afrikaner berichtet. Einer sagt:”Haha 300 Bimbos weniger”.— Alben G (@AlbenGashi) 28. Juli 2018
“Die Knoppas kann das machen, die hat doch den Rythmus im Blut.”
Klassenlehrerin in der 8.#MeTwo— Kein Knoppas fürs Prekariat™ (@Legga_Knoppas) 26. Juli 2018
Ich (Bereite Seminarraum vor)
Student: “Sind Sie bald mit putzen fertig? Wir haben hier nämlich gleich einen Kurs.” #metwo #MeTwo #wenigstenshatermichgesiezt
— S.B. (@SelvetaB) 27. Juli 2018
Während meiner Rettungssanitäterzeit habe ich schon öfters zu hören bekommen: “Von dem will ich mich nicht anfassen lassen.”#metwo
— Gerrit ☕️??????? (@tyramizou) 26. Juli 2018
Es fängt schon damit an, dass die Kassiererin im Supermarkt alle deutsch aussehende Kunden begrüßt, aber bei dir eisernes Schweigen. Für viele eine Kleinigkeit, für mich und Migranten eine Diskriminierung. Es muss keiner scheiss Kanacke sagen, um rassistisch zu sein #metwo
— The Persian (@kiucologne) 27. Juli 2018
#Metwo
Eine ältere deutsche Frau wohnt bei mir im Haus. Als ich mal auf den Fahrstuhl gewartet habe und sie mit entgegenkam, da habe ich sie gefragt, ob sie auch mitfahren möchte.
Sie: „Mit jemandem wie Ihnen will ich nicht fahren.“ Sie nahm dann die Treppen.— pummelkuh (@pummelkuh) 27. Juli 2018
Wenn dein Deutsch zu gut ist und am Set der Regisseur dich bittet mit mehr Akzent zu sprechen damit der Türke nicht so gebildet wirkt. #metwo
— Özgür Özata (@oezgueroezata) 27. Juli 2018
Wollte mit Freunden in einen Club tanzen gehen. Der Türsteher lässt mehrere Leute rein. Ich frage, ob ich auch rein kann. Er signalisiert mir, dass der Club voll ist. Ein (weißer) Freund, der neben mir steht, stellt die selbe Frage und darf rein. Wir sind gegangen. #Metwo
— Nathan (@archicopter) 27. Juli 2018
Wenn du über Immoscout freie Wohnungen kontaktierst & einfach keine Antwort bekommst, aber die deutsche Freundin bei gleichen Angeboten sofort Antworten erhält. Nach Ehe & Namensänderung hat sie auch keine Antwort mehr bekommen.
Wohnung nur dank gezahlter Maklerprovision. #metwo
— Oguz Yilmaz ??♂️ (@oguz) 26. Juli 2018
#metwo als meine ex ihrer Mutter ein Foto von mir zeigte und diese sagte: “die ist aber Ausländerin, oder? Pass bloß auf mit AIDS und so.”
— Ihro Fuchsgeist (@LiMingRichter) 26. Juli 2018
Sprache
Direkt nach der Herkunftsfrage ist meine häufigste rassistischste Erfahrung wohl, dass meine Deutschkenntnisse thematisiert werden – entweder werden sie in Zweifel gestellt oder es wird sich gewundert, dass sie so gut sind. Leute, ist das 2018 immer noch ein Novum? An Kanacken, die ordentlich Deutsch sprechen, gewöhnen sie sich wohl nie…
Late to #metwo, aber was solls:
Weißer Typ: Ist Deutsch deine Muttersprache?
Ich: Ja
Typ: Und deine Eltern?
Ich: Sind deutsch
Typ: Aber du hast noch eine andere Muttersprache?
Ich: Nein
Typ: Aber… Was ist deine Natursprache?
NATURSPRACHE?!?!?!?!? pic.twitter.com/mkKcONaMnL— schwarzfraulinks (@schwarzfemlinks) 28. Juli 2018
Am Telefon hat man ja gar nicht rausgehört, dass Sie Türke sind.
Richtig, weil ich ja auch Deutscher bin! #MeTwo #neuerHashtaggegenRassismus #Özil #Alltagsrassismus #Perspectivedaily— Ali Can (@alicanglobal) 25. Juli 2018
„Guten Tag Deutsche Bank Berlin, Özdemir mein Name, ich hätte gerne einen Beratungstermin“ – „Unser türkischsprachiger Kollege ist erst nächste Woche im Haus!“ ahja. Schere schlägt Papier und Name schlägt wohl akzentfreies Deutsch! #MeTwo
— Umut Tausendsassa (@U_Tausendsassa) 27. Juli 2018
Jedes mal wenn ich höre wie Leute mit meinem Papa besonders laut und langsam sprechen. #MeTwo
— Navasgeht? (@navasgeht) 26. Juli 2018
„Dafür, dass du Türke bist, sprichst du aber gut Deutsch.“ #MeTwo
— Duhi B (@duhibi) 24. Juli 2018
Schule
Ist es nicht erstaunlich, dass die Schule als denkbar undemokratischer Ort junge Menschen darauf vorbereiten soll, in einer Demokratie zu leben? Hier geht’s nicht um Schulkritik, sondern um Rassismus, trotzdem hängt beides durchaus zusammen: Rassismus hat enorm viel mit Macht zu tun – und an einem Ort, der so sehr von Machtgefälle geprägt ist wie Schule, hat Rassismus natürlich ideale Gedeihbedingungen. Und das wirkt sich nicht nur darauf aus, wie Kinder behandelt werden, sondern auch, wie ihre Leistungen beurteilt werden – und hat somit Auswirkungen auf die Zukunft: Gerade erst hat eine Mannheimer Studie festgestellt, dass türkische Kinder bei gleicher Leistung schlechtere Noten bekommen als autochthon-deutsche Kinder. Passt auf Eure Kinder auf, Ihr Lieben! :-*
Damals: Sonderschulempfehlung.
Heute promovierter Infektionsbiologe. #metwo
— Doruk Demircioglu (@D_Demircioglu) 27. Juli 2018
Bußgelder einer Grundschule auf einem Plakat im Klassenzimmer:
Spucken 10 Cent
Hauen, Treten 20 Cent
Türkisch sprechen 50 Cent#metwo— Hebaro (@Hebaro2) 26. Juli 2018
Was mich an #MeTwo als Nicht-Betroffene tatsächlich mit am meisten erschüttert, ist die Häufigkeit mit der Lehrer und Schulen übergriffig werden. Mir war nicht klar, WIE massiv das Problem dort ist. Das muss dringend ein viel größeres Thema werden.
— Isabella Donnerhall (@DonnerBella) 27. Juli 2018
Als es in der Schule um Bewerbungen ging und ich sagte, dass ich studieren möchte, hat die Lehrkraft zu mir gesagt “Ach komm, bis dahin wirst du eh verheiratet” #MeTwo
— Navasgeht? (@navasgeht) 26. Juli 2018
mein Lehrer fragte mich in der 9. klasse mal, wann ich denn jetzt ein Kopftuch tragen müsste #metwo
— gesetzestreue kanax (@problematash) 26. Juli 2018
-In der Grundschule war ich der einzige Suedlaender in der Klasse. Eines Tages bat mich die Klassenlehrerin kurz den Raum zu verlassen. Was besprochen wurde, durfte mir keiner sagen. Jahre spaeter erfuhr ich dass alle zu ihr nachhause eingeladen wurden.
— ajerray@gmx.de (@ajerraygmxde1) 27. Juli 2018
1. Klasse, mein afghanischer Freund wird wegen seiner Sprache in die Sonderschule gesteckt.
Er machte danach
✅Hauptschule
✅Real
✅Abi
✅Master in Wirtschaftswissenschaften
alles im 1er & 2er Durchschnitt.Heute bin ich stolz darauf einen Dipl. Wirt.- Jur. zu kennen.#MeTwo
— Nasir Ahmad (@_nasir_ahmad_) 28. Juli 2018
Politikunterricht 9. Klasse
Lehrer zieht über Erdogan her
Ich, so ziemlich einziger Kanacke in der Klasse
“Oh Maryem bei dir müssen wir ja darauf achten, was wir so über Erdogan erzählen”
…Herr Schmitz ich stamme aus Pakistan
“Ja trotzdem ” #MeTwo— Maryem (@mary005111) 26. Juli 2018
#MeTwo 4. Klasse, meine Klassenlehrerin zu meinen Eltern: „Vielleicht schafft er die Hauptschule“.. Ich bin deutscher Ingenieur im Bereich Entwicklung und Forschung
— Tom (@TommBull) 27. Juli 2018
Wenn dein Sportlehrer in der 6.Klasse dir während des Schwimmunterrichts sagt; „jetzt alle Kanacken aus dem Becken, nur Deutsche schwimmen.“ #metwo
— Nbard Eff (@nbardEff) 27. Juli 2018
#MeTwo wenn du, wie alle anderen auch, in der 8. Klasse manchmal Quatsch machst, aber die Lehrerin immer nur dich fragt “lernt ihr das bei dir zuhause so?”, oder “ist dieses Verhalten bei “euch” normal?”
— Ali (@Am13072) 27. Juli 2018
Im Sportunterricht zwei Noten schlechter bewerten werden weil man als Schwarzer bessere physische Voraussetzungen hat. #MeTwo
— Jasmina Kuhnke (@ebonyplusirony) 27. Juli 2018
Das klingt so unglaublich, oder? Scheint aber kein Einzelfall zu sein:
Und all die Tweets zu #metwo erinnern mich an einen schwarzen Klassenkameraden, der damals im Sportunterricht immer eine Note Abzug bekam, weil er ja “einen unfairen Vorteil hätte”.
Warum werden manche Menschen Lehrer?
Warum?!— Kaffeedose (@Pfanddose) 26. Juli 2018
4. klasse, es geht um weiterführende schulen. ich bin klassenbeste.
lehrerin empfiehlt hauptschule, damit ich „unter gleichgesinnten“ bin.
eltern können kaum deutsch und vertrauen lehrerin. bekannte greift zum glück ein.
5. klasse: ich bin klassenbeste auf dem gymnasium#metwo
— Miriam (@labiledeutsche) 26. Juli 2018
Meine Mutter ist jeden Tag früh aufgestanden um mir etwas besonderes für die Schule zu kochen und ich hab es nie übers Herz gebracht ihr zu sagen, wie sehr ich deswegen gehänselt wurde, weil ich nichts „deutsches“ dabei hatte, sondern immer was vietnamesisches #MeTwo
— An (@missanphan) 26. Juli 2018
nach dem Jungs in meiner Klasse mich wochenlang Affe genannt haben ich meinem Lehrer es erzählt habe, sagt er: ich würde dich eher als Gorilla sehen #MeTwo
— Navasgeht? (@navasgeht) 26. Juli 2018
Zugehörigkeit
Frau: woher kommt dein Vater?
Ich: aus Weitenung
Frau: Nein, ich meine aus welchem Land
Ich: Deutschland
Frau: Nein, wo wurde er geboren?
Ich: Baden-Baden
Frau: *wendet sich genervt an meine Mutter* Ihr Kind versteht mich nicht!
Mum: Nein, sie verstehen mein Kind nicht#metwo— She-Rawks (@FumaHebi) 27. Juli 2018
Möchtest Du wissen, was die Herkunftsfrage für viele Menschen of Color auslöst und für sie bedeutet? Dann hier lang zu meinem Artikel, in dem ich erkläre, warum ich die Frage: “Woher kommen Sie?” nicht mehr beantworten möchte.
heller Migrant, dunkler Migrant, reicher Migrant, armer Migrant, gebildeter Migrant, ungebildeter Migrant, krimineller Migrant, überassimilierter Mustermigrant, trotzdem Migrant, trotzdem Migrant #metwo
— FrauNova ?? (@FrauNova) 26. Juli 2018
Wenn du (deutscher Staatsbürger) am Schüleraustausch in die USA teilnehmen möchtest und die Lehrerin sagt, sie möchten echte Deutsche. #metwo
— Tarek Baé (@TarekBae) 26. Juli 2018
Ich rede in der 3. Klasse mit Jungs im Klassenraum über die schlechte Leistung der DFB-Elf am Vorabend & sage “Deutschland ist schlecht.” Lehrerin ruft mich nach vorn vor allen und sagt ich sei Syrer und dürfe das nicht sagen. Ich war ein 9-jähriger enttäuschter Fan. #MeTwo
— Tarek Baé (@TarekBae) 27. Juli 2018
Wenn rassistische Äußerungen (“die Kita hat einen zu hohen Migrant*innenanteil”), die sich nicht auf dich beziehen, trotzdem persönliche rassistische Erfahrungen sind, weil sie zeigen, wie Leute wirklich über PoC denken. #metwo
— Sohra (@TofuFamily) 29. Juli 2018
Was Rassismus in einem auslöst
Wenn KollegInnen Tippfehler auf deine Herkunft zurückführen #Metwo
— Solmaz Khorsand (@solmazkhorsand) 27. Juli 2018
Tatsächlich gehört das auch zu meinem Alltag: Die Sorge, dass jeder Verhaspeler wenn ich spreche, jeder Vertipper wenn ich schreibe darauf zurückgeführt wird, dass ich ja nicht richtig Deutsch sei (Deutsch ist übrigens meine Erstsprache). Man muss sich übrigens weder verhaspeln noch verschreiben, um defizitäre Deutschkenntnisse unterstellt zu bekommen: Eine Untersuchung in den USA hat ergeben, dass signifikant viele Menschen, denen eine Vorlesung von einer Weißen abgespielt wurde, keinen Akzent hörten, aber plötzlich einen Akzent unterstellten, als die identische Vorlesung mit dem Bild einer Person of Color abgespielt wurde.
Wenn man zeitweise denkt man sei paranoid oder überempfindlich bis man andere trifft die genau das gleiche durchgemacht haben und man weiß, man ist eben nicht verrückt. #metwo
— Malcolm Ohanwe (@MalcolmMusic) 26. Juli 2018
Das verinnerlichte “Immer freundlich sein, nicht auffallen”, das ich erst Jahre später verstanden habe und jetzt nicht mehr loswerde. #MeTwo
— Barbamama (@Barbamamaci) 27. Juli 2018
Wenn deine Eltern ein Haus bauen und es lauter Baumängel gibt und dein (autochthon-deutscher) Freund dir sagt: „Ja klar, für Ausländer arbeiten die Handwerker halt nicht ordentlich.“ #metwo
— Sohra (@TofuFamily) 29. Juli 2018
Stimmt das? Stimmt es nicht? Das werde ich nie herausfinden. Die Unsicherheit bleibt.
Wenn du erst mit paarunddreißig Jahren checkst, dass deine lebenslange Behauptung, eigentlich nie groß Rassismus erfahren zu haben, nur eine unbewusste Schutzstrategie war, weil du dich für all die Demütigungen einfach so sehr schämst. ?#metwo
— Sohra (@TofuFamily) 29. Juli 2018
Wenn ich mich über den wunderschönen tiefen, goldbraunen Sommerhautton meiner Söhne freue und mich gar nicht sattsehen kann – und sich in meine Freude und Liebe die Sorge und Angst mischt, was dieser Hautton wohl noch für Konsequenzen für ihre Zukunft & ihren Alltag hat. #metwo
— Sohra (@TofuFamily) 29. Juli 2018
Wenn rassistische Äußerungen (“die Kita hat einen zu hohen Migrant*innenanteil”), die sich nicht auf dich beziehen, trotzdem persönliche rassistische Erfahrungen sind, weil sie zeigen, wie Leute wirklich über PoC denken. #metwo
— Sohra (@TofuFamily) 29. Juli 2018
Arbeitsplatz
Mein Bruder, von dem sich Kunden in der Apotheke nicht bedienen lassen wollten und nach dem „Vorgesetzten“ verlangten (mein Bruder war der „Vorgesetzte“) #MeTwo
— Dr. Mahret Ifeoma Kupka (@modekoerper) 26. Juli 2018
Mein Vater war 30 Jahre Metallgießer. Als ich etwa 12 war, nahm er mich mit, als er die Metallöfen für die Frühschicht anfeuern musste. Pförtner:“Na, guckt sich dein Junge nach einem Job um?“
„Nee, der wird mal studieren. Er soll nur frühzeitig lernen warum!“ #Power gegen #MeTwo— Murat Kayman (@KaymanMurat) 27. Juli 2018
Rassismuserfahrung absprechen
Tatsächlich ist eine der größten und schmerzhaftesten Dimensionen von Rassismuserfahrung dass du mit diesen Erfahrungen nicht ernst genommen wirst – auch unter Menschen, die sich als link und anti-rechts verstehen, sogar von Freund*innen.
Wenn dir in der linken WG, in der du wohnst, ein Gast einen rassistischen Spruch drückt.
Wenn du daraufhin deine Mitbewohnis darauf ansprichst und sie dich daraufhin anfeinden, weil du “rassistisch” gesagt hast.
Wenn das am Ende zur Folge hat, das du ausziehen musst. #MeTwo
— overwhelmed human (@xOuryx) 27. Juli 2018
Sich darüber aufzuregen, dass jemand Rassismus anspricht, ist ein derart verbreitetes Phänomen, dass es dafür ein Wort gibt: “Skandalisierung”. Damit ist leider nicht gemeint, dass die rassistische Handlung skandalisiert wird, sondern der Umstand, dass jemand gesagt hat: “Das war rassistisch!” Natürlich ist mir klar, warum das so läuft: Wenn uns jemand sagt: “Das war rassistisch!” hören wir “Du bist böse!”, denn Rassismus bringen wir mit brennenden Geflüchtetenheimen, Rassentrennung und ähnlichem in Zusammenhang. Das weisen wir natürlich entschieden von uns! So ändert sich dann aber halt auch nix, und bloß weil man keine Molotowcocktails schmeißt, kann man trotzdem ganz hervorragend Teil des Problems sein.
#MeTwo Ich berichte einer Kollegin von meinen Rassismuserfahrungen. Sie: Kann es sein, dass ihr etwas empfindlich seid?
— Kemal Hür (@Kemoma68) 26. Juli 2018
Alles, was ich unter #metwo gelesen habe, das hatte nichts mit Rassismus zu tun, sondern mit Schneeflöckchen, die mit ihrem Leben nicht klar kommen und jetzt dringend einen anderen Schuldigen dafür suchen müssen.
— Frank (@Kittypunk7) 27. Juli 2018
Diese Wahrnehmung ist erstaunlich, denn um Rassismus zu verifizieren, muss man nur mal die Kommentare zu den #MeTwo-Tweets lesen. Die erspare ich uns allen aber, ich bin sowieso schon fix und fertig.
Es wird immer kurioser:
Rassistische Kommentare unter den #MeTwo-Tweets, um zu demonstrieren, dass das alles eigentlich kein Rassismus sei.— Serkan Kirli (@RA_SerkanKirli) 28. Juli 2018
Und dann gibt’s noch die, die einfach nicht kapiert haben, worum es geht:
Ich als weiße, in Deutschland geborene finde #MyGermanDream so viel wirkungsvoller als #MeTwo denn dieser # zeigt Menschen bei denen Hautfarbe keine Rolle spielt dass sie nicht alleine sind und dass es noch Hoffnung gibt.
— Abby Gibbs (@leo_gibbs) 27. Juli 2018
Das höre ich ja auch oft: “Also ich bin farbenblind, für mich sind alle Menschen gleich.” Was Sätze wie dieser eigentlich bedeuten: “Ich bin blind gegenüber Rassismus. Ob Menschen die eine andere Hautfarbe haben als ich, andere Erfahrungen machen, findet außerhalb meiner Wahrnehmung statt.” People of Color können sich nicht leisten, “farbenblind” zu sein – ihre Realität zeigt ihnen, dass Hautton eben sehr wohl eine deutliche Rolle spielt. Diesen Tweet von Abby finde ich ja auch noch mal frecher, weil es hier gerade nicht darum geht, ob autochthone Deutsche hoffnungsvoll sein können, sondern darum, dass der Umstand, dass eklatanter Rassismus zum Alltag von People of Color gehört, endlich mal sichtbar wird. Als Ergänzung dazu dieser Tweet:
Alle, die vor mir stehen und sagen „ich sehe keine Hautfarben, für mich sind alle gleich” und damit wesentliche Teile meiner Identität und Lebensrealität leugnet #metwo
— Dr. Mahret Ifeoma Kupka (@modekoerper) 26. Juli 2018
Kann mich noch gut erinnern, wie ich während meiner #Bundeswehr-Zeit mal mit Kameraden ausging. Eine Gruppe #Türken stellte sich uns in den Weg. “Ihr scheiß #Deutschen. Kommt her, wir verschlagen euch.” Wir hatten Uniform an, gingen aus dem Weg. #Alltagsrassismus. #MeTwo
— Dr. Malte Kaufmann (@MalteKaufmann) 28. Juli 2018
Ist es nicht erstaunlich, dass plötzlich alle im Rassismus-Club Mitglied sein wollen? “Ich habe auch Rassismus erfahren!!!” Nein, liebe autochthone, Weiße Deutsche, habt Ihr nicht. Abwertende, bedrohliche, diskriminierende Handlungen gegen Weiße Deutsche durch People of Color sind natürlich Realität – aber kein Rassismus. Elementar für Rassismus ist das strukturelle Machtgefälle: Wenn diese spezielle Gruppe Türken in diesem Moment durch ihre zahlenmäßige Überlegenheit oder eine stärkere Gewaltbereitschaft vielleicht machtvoller waren als die Bundeswehr-Kameraden, ändert das nichts an den grundsätzlichen Machtverhältnissen, an ihrer strukturellen Unterlegenheit gegenüber Weißen: Wenn sie sich am nächsten Tag für einen Job, eine Wohnung bewerben, wenn ihre Kinder ein Diktat schreiben, werden sie die Unterlegenen sein.
Wenn man merkt, man hängt sich total rein als Kolumnist, hat tolle Quoten, die Leute sprechen einen auf der Straße an, aber die Preise bekommen immer die andern. #metwo
— Jan Fleischhauer (@janfleischhauer) 26. Juli 2018
Jan Fleischhauer hat vor einiger Zeit ein Buch rausgebracht. Es heißt: “Alles ist besser als noch ein Tag mit dir” – mit diesem Satz hat ihn nämlich vor einigen Jahren seine Frau verlassen. Fand ich ja schon ein bisschen peinlich und nachdem ich ein Interview von ihm darüber gelesen habe, irgendwie auch den Respekt vor ihm als Journalist verloren und nie wieder eine Kolumne von ihm angeklickt. Der Respekt hat sich auch nicht wieder eingestellt, als er sich abwertend über #metoo äußerte. Und jetzt das. Was ist daran so schwer, einfach mal die Klappe zu halten und zuzuhören? Das ist nicht Euer Scheinwerferlicht!
Aber es gibt auch Hoffnung – Leute, die es (teilweise) checken:
Wenn du #metwo liest, dir denkst: “Woah… Kann doch nicht sein, warum bekomme ich sowas nie mit?” und dann merkst, dass dein Akademikerfreundeskreis halt einfach weiß ist.
— Phillip Maria (@gaulandjagen) 26. Juli 2018
Das ist eine fast selbstkritische Aussage! Auch Kanack*nnen sind nämlich Akademiker*innen! Das statistische Bundesamt hat 2016 Bildungsabschlüsse ermittelt, und festgestellt, dass fast genau so viele Menschen mit Migrationshintergrund einen akademischen Abschluss haben (20 Prozent) wie ohne Migrationshintergrund (22 Prozent). Bäm.
Es geht bei #metwo gar nicht um Meinungen. Es geht um Erfahrungen. Hören Sie doch einfach mal zu, was Menschen erlebt haben.
— Stefan Niggemeier (@niggi) 26. Juli 2018
Meine Nachbarin aus Eritrea und ich grüßten uns im Laden. Der Verkäufer später: “Kennen Sie die?”
Ich: “Ja, das ist meine Nachbarin.”
Er: “Naja, Nachbarn kann man sich nicht aussuchen.
Aber Läden kann man sich aussuchen. Hab da nie wieder eingekauft. #metwo— Stehauf-Mädchen (@JanaRennsteig) 26. Juli 2018
wenn du denkst du weißt was rassismuserfahrungen sind weil du mal kartoffel genannt wurdest take a seat und les dir #metwo durch
— lukas laser. (@lukaslasers) 26. Juli 2018
Wenn man nicht von Rassismus betroffen ist, einfach mal Klappe halten und #MeTwo lesen!
— Britta Häfemeier (@_bridden_) 26. Juli 2018
Fellow Whities können später (nicht heute und unter anderem #) mal beichten, was sie selber schon gebracht haben. Wir sind keine Engel #metwo
— Moderne Post ?? (@pooljunge) 26. Juli 2018
#MyGermanDream ist, dass so viele Leute wie möglich sich die Menschen, die unter #MeTwo tweeten anhören und ihre Erfahrungen nicht als Angriff gegen sich sehen, sondern als Chance wieder zueinander zu finden.
— Shahak Shapira (@ShahakShapira) 28. Juli 2018
Mein #germandream ist übrigens, dass Rassismus von qualifizierten Fachkräften als Unterrichtsgegenstand in Schulen behandelt wird, dass Lehrkräfte Rassismusschulungen bekommen, und alle, alle Menschen in Deutschland “Exit Racism. rassismuskritisch denken lernen.” von Tupoka Ogette lesen.
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